Suite Nr. 818 ‚Hvitveis‘

Dienstag, 17. Februar

Obwohl das Bett in unserer Kabine sehr bequem ist, kann ich doch nicht richtig gut schlafen. Alle Nase lange werde ich wach. Dann muß ich immer wieder zum Fenster raus schauen, um mich zu vergewissern, wo wir sind. Und die Tatsache genießen, daß uns das Schiff sicher gen Süden bringt, während ich in meinem komfortablen Bett liege und draußen die Landschaft bzw. die erkennbaren Schemen derselben an uns vorbeiziehen sehe. Ein tolles Gefühl. Schade, daß unsere Tour am Mittag schon wieder in Sortland endet.
Gegen 9 Uhr gehen wir runter zum Frühstück. Das Büfett ist der einzige Wermutstropfen im bislang überzeugenden Auftritt der M/S „Midnatsol“. Bei Auswahl und Qualität der Zutaten wurde erkennbar der Rotstift angesetzt. Das sieht alles eher nach Autobahnmotel als nach dem Niveau aus, das ich von der Hurtigruten angesichts der Reisepreise erwartet hätte. Aber wir sind nicht sonderlich anspruchsvoll und finden beide etwas, das uns satt macht.
Kurz darauf werden wir per Bordfunk ausgerufen, uns bitte an der Rezeption zu melden. Wir dürfen in Risøyhamn die Brücke besichtigen. Nina Helland von der PR-Abteilung, der ich gelegentlich ein paar Fotos für die Bilderdatenbank der Hurtigruten schicke, hat dem Kapitän noch eine persönliche Mail geschrieben, nachdem meine eigene Anfrage abgelehnt worden war. Wie ich aufgrund dieser Vorgeschichte erwartet habe, ist der große Boß nur moderat begeistert ob der Eindringlinge, die seine Kreise stören wollen.
Und sagen wir mal so: er verwendet nicht seine gesamte Energie darauf, diesen Umstand zu kaschieren. Aber fürs Erinnerungsfoto lächelt er dann doch noch, und nach etwas weniger als zehn Minuten ist die Brückenmannschaft wieder unter sich. Schade eigentlich, das kannte ich von der Color Line (immerhin auch eine norwegische Company) anders. Da gab es sogar gruppenweise Führungen mit kleinem Drink und Urkunde mit Erinnerungsbild von der Brücke.
Ein letzter Bordrundgang, bei dem es uns am Bug fast vom Schiff weht – dann kommt auch schon unser Aussteigehafen Sortland am Horizont in Sicht. Dort verabschiedet sich Johannes noch persönlich vom Reiseleiter Marco, der hier während des Anlegens am Ausgang Wache schiebt.
Dann schnell runter zum Autodeck und die Karre hochgefahren. Nach dem Passieren der Sortlandbrua muß ich auf Johannes‘ Wunsch noch mal am Straßenrand halten und ein letztes Erinnerungsfoto des Schiffes knipsen. Draußen sind 2°C, stürmischer Wind und leichter Regen. Der bereits nach den ersten Kilometern Richtung Lofoten wieder in dichten Schneefall übergeht. Und wieder einmal wird mir klar, daß ein Mietwagen der Kategorie „Kompaktklasse“ nicht unbedingt das ideale Fahrzeug für den norwegischen Winter ist – schlicht zu leicht. Kein Wunder, daß außer uns niemand sonst hier so einen Hobel fährt.
Ab dem Kreisverkehr in Gullesfjord – einer Ecke, wo sich gerne die Wolken an den recht hohen Bergen festsetzen – sieht man die Hand vor Augen kaum. Üblicherweise geht das bis zum Sørdalstunnel so weiter, also quälen wir uns durch eintöniges Grau auf schneebedeckter Straße den Anstieg zur Einfahrt in die 6 Kilometer lange Röhre hinauf. Auf der anderen Seite kann mitunter komplett anderes Wetter sein, heute jedoch nicht. Aber Erleichterung naht in Form eines Schneepfluges, der kurz vor uns aus einer Parkbucht auf die E10 eingeschert sein muß. Zusammen mit diversen anderen PKW bilden wir bis kurz vor Fiskebøl einen Geleitzug, in dessen Mitte man recht kommod reisen kann. Auf dem großen Parkplatz vor dem dortigen Fähranleger halte ich kurz und lasse die hinter uns fahrenden Autos passieren.
Auf dem weiteren Weg nach Svolvær dreht der Wind bis auf Sturmstärke auf, was sich auf der Straße durch leichte Turbulenzen wegen der Seitenwindkomponente und auf dem Vestfjord durch hohen Wellengang samt Gischt bemerkbar macht. Immerhin hat der Schneefall aufgehört, und wir erreichen nach knapp drei Stunden Fahrt gegen 16 Uhr das Haus unserer Gastmama Anne Gerd.
Kurze Begrüßung, dann fährt sie Zutaten fürs Abendessen einkaufen. Wir treffen den Landschaftsfotografen Achim Sieger, der bereits seit Sonntag da ist und bislang noch kein Glück mit dem Wetter hatte. Außer ihm und uns sind in dieser Woche keine weiteren Gäste anwesend, und Anne Gerd hat versprochen, uns bei unseren Unternehmungen zu begleiten. Aber jetzt wollen wir erst einmal Zimmer beziehen. Da haben wir heute freie Auswahl. Bis zum Abendessen sitzen wir beide im Wohnzimmer und chillen.
Heute gibt es auf Johannes‘ Wunsch Spaghetti Bolognese und als Nachtisch Obstsalat. Auf den Lofoten stürmt es immer noch, also bleiben wir am Abend im Haus. Draußen ist es mittlerweile dunkel, und so kann der Joe ein wenig Handy spielen, während ich mit Anne Gerd die Übersetzung ihrer Homepage in Angriff nehme.

MS ‚Midnatsol‘ im Hafen von Sortland

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