Wintertour 2015

Suite Nr. 818 ‘Hvitveis’

Dienstag, 17. Februar

Obwohl das Bett in unse­rer Kabine sehr bequem ist, kann ich doch nicht rich­tig gut schla­fen. Alle Nase lange werde ich wach. Dann muß ich immer wie­der zum Fenster raus schauen, um mich zu ver­ge­wis­sern, wo wir sind. Und die Tatsache genie­ßen, daß uns das Schiff sicher gen Süden bringt, wäh­rend ich in mei­nem kom­for­ta­blen Bett liege und drau­ßen die Landschaft bzw. die erkenn­ba­ren Schemen der­sel­ben an uns vor­bei­zie­hen sehe. Ein tol­les Gefühl. Schade, daß unsere Tour am Mittag schon wie­der in Sortland endet.
Gegen 9 Uhr gehen wir run­ter zum Frühstück. Das Büfett ist der ein­zige Wermutstropfen im bis­lang über­zeu­gen­den Auftritt der M/​S „Midnatsol”. Bei Auswahl und Qualität der Zutaten wurde erkenn­bar der Rotstift ange­setzt. Das sieht alles eher nach Autobahnmotel als nach dem Niveau aus, das ich von der Hurtigruten ange­sichts der Reisepreise erwar­tet hätte. Aber wir sind nicht son­der­lich anspruchs­voll und fin­den beide etwas, das uns satt macht.
Kurz dar­auf wer­den wir per Bordfunk aus­ge­ru­fen, uns bitte an der Rezeption zu mel­den. Wir dür­fen in Risøyhamn die Brücke besich­ti­gen. Nina Helland von der PR-Abteilung, der ich gele­gent­lich ein paar Fotos für die Bilderdatenbank der Hurtigruten schicke, hat dem Kapitän noch eine per­sön­li­che Mail geschrie­ben, nach­dem meine eigene Anfrage abge­lehnt wor­den war. Wie ich auf­grund die­ser Vorgeschichte erwar­tet habe, ist der große Boß nur mode­rat begei­stert ob der Eindringlinge, die seine Kreise stö­ren wollen.
Und sagen wir mal so: er ver­wen­det nicht seine gesamte Energie dar­auf, die­sen Umstand zu kaschie­ren. Aber fürs Erinnerungsfoto lächelt er dann doch noch, und nach etwas weni­ger als zehn Minuten ist die Brückenmannschaft wie­der unter sich. Schade eigent­lich, das kannte ich von der Color Line (immer­hin auch eine nor­we­gi­sche Company) anders. Da gab es sogar grup­pen­weise Führungen mit klei­nem Drink und Urkunde mit Erinnerungsbild von der Brücke.
Ein letz­ter Bordrundgang, bei dem es uns am Bug fast vom Schiff weht – dann kommt auch schon unser Aussteigehafen Sortland am Horizont in Sicht. Dort ver­ab­schie­det sich Johannes noch per­sön­lich vom Reiseleiter Marco, der hier wäh­rend des Anlegens am Ausgang Wache schiebt.
Dann schnell run­ter zum Autodeck und die Karre hoch­ge­fah­ren. Nach dem Passieren der Sortlandbrua muß ich auf Johannes’ Wunsch noch mal am Straßenrand hal­ten und ein letz­tes Erinnerungsfoto des Schiffes knip­sen. Draußen sind 2°C, stür­mi­scher Wind und leich­ter Regen. Der bereits nach den ersten Kilometern Richtung Lofoten wie­der in dich­ten Schneefall über­geht. Und wie­der ein­mal wird mir klar, daß ein Mietwagen der Kategorie „Kompaktklasse” nicht unbe­dingt das ideale Fahrzeug für den nor­we­gi­schen Winter ist – schlicht zu leicht. Kein Wunder, daß außer uns nie­mand sonst hier so einen Hobel fährt.
Ab dem Kreisverkehr in Gullesfjord – einer Ecke, wo sich gerne die Wolken an den recht hohen Bergen fest­set­zen – sieht man die Hand vor Augen kaum. Üblicherweise geht das bis zum Sørdalstunnel so wei­ter, also quä­len wir uns durch ein­tö­ni­ges Grau auf schnee­be­deck­ter Straße den Anstieg zur Einfahrt in die 6 Kilometer lange Röhre hin­auf. Auf der ande­ren Seite kann mit­un­ter kom­plett ande­res Wetter sein, heute jedoch nicht. Aber Erleichterung naht in Form eines Schneepfluges, der kurz vor uns aus einer Parkbucht auf die E10 ein­ge­schert sein muß. Zusammen mit diver­sen ande­ren PKW bil­den wir bis kurz vor Fiskebøl einen Geleitzug, in des­sen Mitte man recht kom­mod rei­sen kann. Auf dem gro­ßen Parkplatz vor dem dor­ti­gen Fähranleger halte ich kurz und lasse die hin­ter uns fah­ren­den Autos passieren.
Auf dem wei­te­ren Weg nach Svolvær dreht der Wind bis auf Sturmstärke auf, was sich auf der Straße durch leichte Turbulenzen wegen der Seitenwindkomponente und auf dem Vestfjord durch hohen Wellengang samt Gischt bemerk­bar macht. Immerhin hat der Schneefall auf­ge­hört, und wir errei­chen nach knapp drei Stunden Fahrt gegen 16 Uhr das Haus unse­rer Gastmama Anne Gerd.
Kurze Begrüßung, dann fährt sie Zutaten fürs Abendessen ein­kau­fen. Wir tref­fen den Landschaftsfotografen Achim Sieger, der bereits seit Sonntag da ist und bis­lang noch kein Glück mit dem Wetter hatte. Außer ihm und uns sind in die­ser Woche keine wei­te­ren Gäste anwe­send, und Anne Gerd hat ver­spro­chen, uns bei unse­ren Unternehmungen zu beglei­ten. Aber jetzt wol­len wir erst ein­mal Zimmer bezie­hen. Da haben wir heute freie Auswahl. Bis zum Abendessen sit­zen wir beide im Wohnzimmer und chillen.
Heute gibt es auf Johannes’ Wunsch Spaghetti Bolognese und als Nachtisch Obstsalat. Auf den Lofoten stürmt es immer noch, also blei­ben wir am Abend im Haus. Draußen ist es mitt­ler­weile dun­kel, und so kann der Joe ein wenig Handy spie­len, wäh­rend ich mit Anne Gerd die Übersetzung ihrer Homepage in Angriff nehme.

MS ‘Midnatsol’ im Hafen von Sortland

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