Island 2021

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Dyngjurleið, Blick ins Fjallabak

Nach meh­re­ren ver­geb­li­chen Anläufen im Jahr 2020 haben mein Kumpel Micha und ich es heuer end­lich geschafft, unse­ren Reiseplan in die­sem Herbst umzu­set­zen. Ende September haben wir fast zwei Wochen frei, aus­rei­chend Zeit also für die aus­gie­bige Erkundung des Hochlandes mit einem geeig­ne­ten 4x4-Fahrzeug. Zunächst wol­len wir ein paar Tage den süd­li­chen Teil mit Fjallabak und Landmannalaugar berei­sen, bevor wir in einer lan­gen Traverse ein­mal mit­ten durch die rie­sige unbe­wohnte Ödnis Richtung Norden umset­zen wer­den. Mit unse­rer Unterkunft in Möðrudalur haben wir danach eine per­fekte Basis für Touren durch das nörd­li­che Hochland. Mal schauen, ob das so funktioniert.

Freitag, 17. September

Michael ist gestern Abend bereits bei uns in Kandel ange­kom­men, um aus der heu­ti­gen Anreise zum Flughafen Frankfurt den Streßfaktor her­aus zu neh­men, den man sonst durch unpünkt­li­che Bahn­ver­bin­dungen immer wie­der ein­kal­kulieren muß.ALT Nachdem wir beide ohne Probleme im Parkhaus in Kelsterbach ange­kom­men sind und dort unser Auto geparkt haben, geht’s im Shuttlebus zum Terminal 2 und dort gleich zur Gepäckaufgabe. Kurze Zeit spä­ter gro­ßer Schreck beim Verlassen des McDonald’s – meine Bordkarte fehlt, und ohne die komme ich nicht durch die Security. Also wie­der zurück und die Umgebung unse­res Sitzplatzes auf Knien abge­sucht. Der kurze Moment der Peinlichkeit wird kom­pen­siert durch das warme Glücksgefühl der wie­der­ge­fun­de­nen Transport­berechtigung. Eine Stunde spä­ter sit­zen wir in der zu zwei Dritteln gefüll­ten Boeing 767, die Icelandair im Sommer auf der Frankfurt-Route ein­setzt. Micha pro­biert bereits wäh­rend des Fluges seine neu erwor­bene Canon EOS 5D Mark IV aus, wäh­rend ich ver­su­che, eine Mütze Schlaf zu neh­men. Wir lan­den pünkt­lich in Keflavik, und auch die corona-beding­ten Extra-Kontrollen bei der Einreise kosten kaum zusätz­li­che Zeit.ALT Ein Shuttle unse­res Mietwagen-Anbieters bringt uns zu des­sen Basis in einem Hotel im ehe­ma­li­gen mili­tä­ri­schen Teil des Flughafens. Bei MyCar haben wir einen gepimp­ten Toyota Landcruiser reser­viert, der uns dank sei­ner gro­ßen 30-Zoll-Reifen und der dar­aus resul­tie­ren­den Boden­freiheit sicher auch über die buck­lig­sten Hochland-Routen brin­gen sollte. Für die ersten vier Tage woh­nen wir in einem Ferienhaus, süd­west­lich vom „Eingang“ zum süd­li­chen Hochland gele­gen. Hier ist Selbstverpflegung ange­sagt, und darum gehen wir auf Nummer sicher und besor­gen gleich alle Lebensmittel in einem Supermarkt noch in Reykjavik. Kurz vor Sonnen­untergang tref­fen wir bei unse­rer Blockhütte ein. Schön ruhig gele­gen, mit herr­li­chem Blick auf die Hekla, einen der aktiv­sten Vulkane Islands. Falls der dem­nächst mal aus­bre­chen sollte, haben wir hier exklu­sive Logenplätze. Bis zu den Startpunkten der popu­lä­ren Hoch­land­routen sind es zwar noch 40 km zu fah­ren, aber das war uns bei­den die Preisersparnis im Vergleich zum völ­lig über­teu­er­ten Highland Center Hrauneyjar wert. Auspacken, klei­nen Snack essen, Gerät­schaften für ihren mor­gi­gen Einsatz vor­be­rei­ten – mehr gibt’s heute Abend nicht zu tun.

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Þjófafoss bei Sonnenaufgang

Samstag, 18. September

Da ich bei Foto-Urlauben in Erwartung von gutem Licht am Morgen nie rich­tig fest schlafe, werde ich auch heute wie­der deut­lich vor mei­nem Wecker wach. „Seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurück­ge­schos­sen!“ geht mir in die­sem Augenblick durch den Kopf. Sonnenaufgang ist erst in einer Stunde, aber ganz im Osten sieht man einen klei­nen Streifen Farbe am schwach bewölk­ten Himmel.ALT Da wir uns vor­ge­nom­men haben, ange­sichts der durch­wach­se­nen Aussichten für die kom­mende Woche jede Gelegenheit für Fotos zu nut­zen, habe ich Michas Einverständnis, ihn auch zu unchrist­li­chen Zeiten zu wecken. Etwas müde und benom­men steigt Herr Hyna ins Auto, wäh­rend mich die Aussicht auf ein paar gute Bilder zum Sonnenaufgang an einem nahe­ge­le­ge­nen Wasserfall schon längst auf Betriebstemperatur gebracht hat. Unterwegs zum þjofá­foss beginnt sich der Himmel bereits bunt zu fär­ben. Am Ziel ange­kom­men, muß ich meh­rere Dinge gleich­zei­tig im Auge behal­ten: die Kamera samt Filtern und Stativ für eine schöne Belichtungsreihe aus der Menschen­perspektive und dann noch die Drohne, die ich mir extra für die­sen Urlaub aus­ge­lie­hen habe, für den Blick von oben. Dank die­ser Zweigleisigkeit kann die erste Location die­ses Trips mit einem dicken Checkmark auf der To-Do-Liste ver­se­hen wer­den. Während wir unsere Sachen wie­der zusam­men­packen, fällt Micha ein, daß er auf dem Weg hier­her die Abfahrt zu einer Nebenstrecke gese­hen hat, auf der er beim letz­ten Urlaub mit sei­nem Vater ein paar foto­gene Steinformationen ent­deckt hatte.ALT Die schauen wir uns noch­mal näher an. Nach etwa einer hal­ben Stunde Fahrt errei­chen wir die Stelle, wo inmit­ten völ­lig ande­ren Untergrundes eine Gruppe von inter­es­sant geform­ten und schön rund geschlif­fe­nen dunk­len Basaltfelsen steht. Die Form erin­nert mich ein wenig an Wellen oder über­di­men­sio­nale Cupcakes. Hier toben wir uns eine ganze Weile aus, bis wir die Steine in wirk­lich allen mög­li­chen Perspektiven foto­gra­fiert haben. Reicht an die­ser Stelle fürs Erste. Wir fah­ren zurück zum Haus und früh­stücken erst ein­mal in aller Ruhe. Dabei wird die lokale Wettervorhersage genau stu­diert und dar­aus der Fahrplan für heute abge­lei­tet. Viele wei­tere Chancen auf stim­mungs­voll beleuch­tete Fotos erge­ben sich lei­der nicht mehr, da von Südwesten ein Regengebiet auf­zieht, das uns den gan­zen Tag lang beglei­ten soll. Die ein­zige Chance besteht also in einer Flucht nach Nordosten, ver­bun­den mit der Hoffnung, daß wir wenig­stens am Anfang der heu­ti­gen Tour ein paar Motive ohne Niederschlag knip­sen kön­nen. Nach dem Essen wird zügig das rest­li­che Equipment und auch das Kochgeschirr im Auto ver­staut, und dann geht’s mit Vollgas Richtung Hrauneyjar.ALT Primäres Etappenziel ist heute das bekannte Seengebiet Veiðivötn, etwa andert­halb Stunden Fahrt von unse­rer Unterkunft ent­fernt. Beim ersten Halt am Fellsendavatn erfüllt sich zumin­dest noch die Hoffnung auf Fotos ohne Wasser vom Himmel, aller­dings wei­gert sich die Drohne, ange­sichts star­ker Windböen zuver­läs­sig zu flie­gen. Also geht’s nach kur­zer Zeit wei­ter. Bei der ersten Furt über die Vatnakvísl haben uns dann die Wolken doch kom­plett ein­ge­holt und las­sen einen fei­nen – in Köln würde man sagen: fis­se­li­gen – Regen ab, der ab jetzt den rest­li­chen Tag lang nicht mehr auf­hört. Micha steigt an die­ser Furt den­noch aus, weil er im Uferbereich einige bunte Pflanzen inmit­ten der dun­kel­grauen Aschewüste ent­deckt hat. Ich ver­su­che einen Drohnenstart, aber nach 30 Sekunden Flug ist die Optik bereits kom­plett ver­wäs­sert, und so bleibt das Fluggerät den Rest des Tages in sei­ner Box. Ein namen­lo­ser Abfluß des Litla Fossvatn muß in einer halb­mond­för­mi­gen Furt durch­quert wer­den. An die­ser Stelle freue ich mich das erste Mal über die 30-Zoll-Reifen an unse­rem Landcruiser, die es uns ermög­li­chen, ohne allzu lange Gewässer­inspektion nach vor­he­ri­gem Aussteigen durch­zu­fah­ren.ALT Unsere Route führt uns in einer gro­ßen Runde durch das Seengebiet Veiðivötn. Ein stän­di­ges Auf und Ab, denn einige Streckenabschnitte ver­lau­fen auf den Rändern ehe­ma­li­ger Vulkankrater, die nun mit Wasser gefüllt sind. Viel gibt es heute lei­der nicht zu sehen, denn der Regen kommt mitt­ler­weile von der Seite, und wir blei­ben lie­ber im Auto. Allerdings ahnen wir, wie reiz­voll diese Fahrt bei schö­nem Wetter wäre. Nach etwa andert­halb Stunden schließt sich der Kreis, und wir ste­hen wie­der an der Furt des sichel­för­mi­gen Mondes. Wohin könn­ten wir jetzt am besten noch fah­ren? An der direkt dahin­ter befind­li­chen Weggabelung zeigt uns ein kur­zer Blick auf die Karte eine wenig befah­rene Nebenstrecke zu der von mir favo­ri­sier­ten Route in Richtung Jökulheimar. Endpunkt die­ser ein­ma­lig schö­nen Hochland­piste ist eine Handvoll Schutzhütten unweit vom nörd­li­chen Rand des Vatnajökull-Gletschers. Die sol­len unser Tagesziel sein. Auf den fol­gen­den 35 Kilometern kön­nen wir trotz des fei­nen Regens und der mäßi­gen Sichtweite rechts und links von uns immer wie­der ein paar schöne Impressionen der Landschaft ein­fan­gen,ALT die wegen des Dunstes hier oft wie eine tie­fen­ge­staf­felte Theaterkulisse rüber­kommt. Nach einer Stunde haben wir Jökulheimar erreicht. Hunger hat sich ein­ge­stellt, da wer­den wir mal den Kocher anwer­fen und was zum Mittag zau­bern. Vom Metzger daheim habe ich eine Auswahl vor­ge­koch­ter Fleischgerichte in Dosen mit­ge­bracht, die wir hier nur noch erhit­zen und mit einer geeig­ne­ten Beilage ver­se­hen müs­sen. Ich ver­spre­che mir von die­ser Lösung bes­sere kuli­na­ri­sche Erlebnisse als mit den Astro-Tüten aus dem Outdoorladen, die wir in den ver­gan­ge­nen Jahren dabei hat­ten und bei den eher die Nährstoffaufnahme als Genuß im Vorder­grund stand. Heute haben wir uns Gulasch aus­ge­sucht. Dazu gibt’s vor­ge­garte kleine Kartoffeln, die wir gestern in Reykjavik ein­ge­kauft haben. Drinnen im Trockenen kochen wäre schön. Leider sind alle Gebäude ver­schlos­sen. Für den Zugangscode zur Schlüsselbox bräuchte man ent­we­der eine Mitgliedschaft im islän­di­schen Wanderverein oder viel Geduld bei der Lösung des Zahlenrätsels am Schloß des klei­nen Metallkastens.ALT Beides haben wir nicht, also bauen wir unsere „Küche“ im wet­ter­ge­schütz­ten Eingangsbereich einer gro­ßen L‑förmigen Hütte auf, und das funk­tio­niert auch ganz pas­sa­bel. Das Gulasch schmeckt sehr gut und gibt uns neue Energie. Nach dem Abwaschen des Geschirrs unter der Regenrinne (mit flie­ßend kal­tem Wasser) packen wir die Kochutensilien zusam­men und fah­ren wei­ter. In Jökulheimar beginnt noch eine kurze rote Piste, die – sofern uns das Furten der hier stark mäan­dern­den Tungaá gelänge – direkt zum Fuß des Tungnarjökull führt. Aber bereits auf den ersten Kilometern wird die Strecke so bie­stig, daß man wegen der vie­len spit­zen und scharf­kan­ti­gen Steine nur in Schritt­geschwindigkeit voran­kommt. Zudem fehlt unse­rem Mietwagen lei­der jeg­li­ches Werkzeug, und auch sonst ist nicht damit zu rech­nen, daß uns im Falle einer Panne hier heute irgend jemand zu Hilfe kom­men könnte – zumal wir seit gerau­mer Zeit kei­ner­lei Handyempfang mehr haben. Also ris­kie­ren wir mal lie­ber nix und dre­hen wir auf dem nächst­be­sten Hügel wie­der um. Ein paar Beweisfotos mit dem Gletscher in Sichtweite müs­sen noch sein,ALT dann fah­ren wir wie­der hin­ein ins graue Niemandsland. Nach zwei Stunden sind wir zurück auf der „Hauptstraße“ namens Sprengisandsleið und tan­ken in Hrauneyjar unser Auto wie­der voll. Mobile Daten gehen auch wie­der, also schnell mal das Wetter gecheckt. Die Vorhersage für die näch­sten paar Stunden bis zum Sonnenuntergang sieht ganz pas­sa­bel aus. Darum hän­gen wir noch einen klei­nen Bonus-Abstecher zum Wasserfall Háifoss dran, des­sen Zufahrtsweg etwa 30 km wei­ter west­lich von der F26 abzweigt. Und tat­säch­lich rei­ßen im Lauf der Fahrt die Wolken ein wenig auf und las­sen hier und da Sonnenstrahlen durch­schei­nen. Nach einer achter­­bahn­gleichen Rüttelfahrt über die holp­rige und von unzäh­li­gen Schlaglöchern durch­zo­gene Piste kom­men wir etwa halb sechs am Háifoss an. Die Drohne bleibt im Auto, hier herrscht Flugverbot. Micha und ich tei­len uns auf und ent­decken die Motive auf dem ent­lang der Klippen gegen­über abge­steck­ten Pfad jeder für sich.ALT Der Háifoss, mit 122 Metern immer­hin der dritt­höch­ste Wasserfall Islands, fällt mit dem benach­bar­ten Granni in einen engen Talkessel. Wenn man dem Besucherpfad bis zum Ende fol­gen wollte, käme man nach unge­fähr einer Stunde am Fuße der bei­den Fälle her­aus. Allerdings sind beide gut gefüllt und ver­sprü­hen ziem­lich viel Gischt, so daß wir von dort unten keine brauch­ba­ren Fotos erwar­ten kön­nen. Die Sonne scheint eh gerade wie­der nicht, dann spa­ren wir uns wenig­stens die Lauferei. Immerhin drin­gen wenig spä­ter ein paar Strahlen durch die Wolkendecke und leuch­ten die nahe­lie­gen­den Berge kurz an. Mit die­sen Fotos im Gepäck haben wir hier unser Soll erfüllt und tre­ten den Heimweg an. Gegen 20 Uhr errei­chen wir unser Haus, brei­ten unsere Sachen zum Trocknen aus und ver­spei­sen eine Tiefkühlpizza zum Abendessen. Dann wer­den die Fotos der Tour begut­ach­tet, und bei einer Dose Bier auf der Couch endet der erste Reisetag.

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Sonnenuntergang im Þjórsádalur

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