
am Strand von Saksun
Dienstag, 25. Juni
Ewig ausschlafen können wir nicht, denn heute ist der vorletzte von drei angekündigten schönen Tagen in dieser Woche, bevor ab Mittwoch Abend Wolken aufziehen, die Regen mitbringen sollen. Etwas müde brechen wir nach dem Frühstück gegen 13 Uhr auf in Richtung Westen, zum Ort Saksun auf der Insel Streymoy. Wieder so ein durch Instagram gepushter Touristenmagnet, wegen eines bestimmten Hauses am See und eines interessant gemusterten Strandes. Leider erreichen wir diesen ein wenig zu spät, denn Ebbe war schon vor zwei Stunden, und der Tidenhub auf den Färöern ist ganz schön beachtlich. Vom Sandstrand ist jedenfalls fast nichts mehr zu sehen. Wir schießen nur ein paar Insta-Fake-Fotos und spazieren in aller Ruhe zurück zum Ort.
Das Dorf Saksun wird auf dem Rückweg zunächst umgangen, weil wir uns an den offiziellen Pfad halten wollen. Darum muß unser Trupp nun eine Stunde laufen, wofür wir vorhin querfeldein nur zehn Minuten gebraucht haben. Aber Robert, Christian und ich wollen nicht zum Haßobjekt der Ureinwohner werden. Außerdem bietet sich hier die Möglichkeit, den Autofokus unserer Kameras zu testen, als wir an ein paar Nestern von Austernfischern vorbeikommen. Die auch als Lofoten-Kackstelzen bekannten Vögel sind eine echte Herausforderung für Mensch und Technik. Lassen einen nie nahe genug für ein bildschirmfüllendes Foto heran, meckern dann aber lautstark herum und umfliegen einen derart hektisch, daß man sie auch mit gutem Verfolgungs-AF kaum einmal scharf ins Bild bekommt. Nach zehn Minuten überlassen wir die unkooperativen Biester wieder sich selbst.
Auf der Insel Streymoy befindet sich nicht weit von unserer aktuellen Position der fotogene Strand in Tjørnuvík. Dort wollen wir „Mittag“ kochen (es ist bereits 18 Uhr Ortszeit) und natürlich ein wenig knipsen. Robert und Christian ziehen schon mal mit ihren Kameras los, während ich das Zwei-Gänge-Menü zubereite. Heute gibt es als Primo Piato Pulled Pork mit Reis und als Secondo Nudeln mit Tomatensauce. Etwas Schokolade rundet das Mahl ab, und ich habe – während die anderen noch essen und Geschirr spülen – die Gelegenheit, ungestört ein paar Minuten meine eigenen Fotos zu machen.
Da das Wetter immer noch hält, fahren wir weiter – auf die Insel Eysturoy, immer die Westküste und die langsam untergehende Sonne im Blick. In der Nähe von Funningur liegt ein Fotospot, der sich mit einer verhältnismäßig kurzen, wenngleich sehr steilen Wanderung erreichen läßt. Der Grat des Berges Fossinshammar bietet eine herrliche Aussicht auf die benachbarte Insel Kalsoy und die Fjorde zu unseren Füßen.
Wir verteilen uns auf dem langgestreckten Plateau und müssen ein wenig aufpassen, denn der Wind weht ganz schön heftig. Wenn man an einem über vierhundert Meter tief ins Meer abfallenden Abhang steht, ist das nicht ganz ohne. Und ich habe meiner Frau schließlich versprochen, heil wieder nach Hause zu kommen. Kurz bevor die Sonne von einem nahegelegenen Berg verdeckt wird, scheint ein einzelner Strahl durch die aufziehenden Wolken und leuchtet meinen Kollegen Lofi perfekt an. Ich habe das auf Foto und bin ganz happy. Zu dritt erkundet unsere Gruppe noch ein wenig den Berggrat, aber ohne Sonne gibt es hier kaum noch lohnenswerte Motive. Also treten wir den Rückweg ins Tal an.
Mit dem Auto kurven wir noch einige Kilometer durch die engen Fjorde, aber hier reißen wir heute fotografisch nix mehr. Ein Blick auf die Uhr: Mitternacht ist schon seit einer Stunde rum, dann wollen wir uns mal auf die Heimfahrt machen. Dauert ja auch nochmal eine Weile. Gegen drei Uhr ist Feierabend.
auf dem Grat des Fossinshammar
Mittwoch, 26. Juni
Der heutige Wetterbericht sagt für „unsere“ Insel Streymoy ab Mittag aufziehende Bewölkung voraus, aber im Norden soll es noch ein paar Stunden länger schön bleiben. Wir schlafen darum etwas länger und brechen gegen Mittag erst auf. Die Wolken halten dicht, bis wir in Eyði die Nordspitze der Insel Eysturoy erreichen. Hier reißt es ein wenig auf. Also fahren wir mal runter zur Küste, stellen das Auto an einem der beiden (!) Kunstrasen-Fußballplätze ab und folgen einem schmalen Trampelpfad in Richtung Klippen.
Wenn hier richtige Brandung wäre, hätte man gut was zu fotografieren, aber mit dem schwachen Wind heute gestaltet sich die Suche nach brauchbaren Motiven recht schwierig. Etwa anderthalb Stunden tappen wir auf der Felsküste herum und knipsen meist nur kleine bunte Details an diesem Küstenabschnitt, aber so richtig überzeugende Kunstwerke entstehen dabei eher nicht. Also weiter, zur nächsten Insel Borðoy.
Am Nachmittag wird Klaksvík erreicht, ewiger Rivale im Coolness-Wettstreit mit der Hauptstadt Tórshavn. Am Hafen stellen wir das Auto ab und ordern an einer Imbißbude Fish’n’Chips, die wir bei herrlichem Sonnenschein auf der Kaimauer verspeisen. Ein kleiner Rundgang durch die Stadt, bevor es weitergeht, hilft bei der Verdauung. Die „Hauptstadt der Herzen“ gefällt uns allen, und ich plane bei der nächsten Reise mal die Quartiersuche in dieser Gegend mit ein. Eine Tasse Kaffee in Friða’s Koffistofn lassen wir uns vor der Weiterfahrt noch schmecken.
Unser heutiges Tagesziel ist das Ende der Straße auf der Insel Vidðoy. Das kleine Dorf Viðareiði wirbt mit toller Felsküste und einer kleinen Wanderung mit Aussicht an deren Endpunkt. Unterwegs passieren wir einige schmale Straßenabschnitte und den längsten einspurigen Tunnel der Färöer, knapp 4 Kilometer lang. Hier muß man den Gegenverkehr gut vorplanen, sonst schaut man sich weitab von einer der wenigen Ausweichstellen in die Augen und muß ewig weit ins Schwarze Loch zurücksetzen.
In Viðareiði parken wir das Auto und begeben uns auf Expedition durchs Dorf. Windig ist es hier. Die größeren Gebäude sind mit Stahlseilen vor dem Davonfliegen gesichert, alle Achtung! Robert und Lofi stromern zunächst um die kleine weiße Kirche herum, bevor wir alle drei hinunter zu den Klippen klettern, um im Schein der Abendsonne ein paar stimmungsvolle Fotos der Brandung zu schießen. Hier gefällt es mir, aber irgendwann sind wir von der steifen Brise ziemlich durchgefroren und treten die Rückfahrt nach Klaksvík an. Den mit umgerechnet 30 € pro Nase nicht eben günstigen Spaziergang zu einem Felsen mit Aussicht auf das komplette Dorf heben wir uns fürs nächste Mal auf.
Da das Wetter laut Forecast immer noch stabil aussieht, steht das Ziel für unsere heutige Mitternachtswanderung schnell fest: der Hausberg Klakkur – 413 Meter hoch, von denen sich die ersten 200 bequem mit dem Auto bewältigen lassen. An einem kleinen Parkplatz stellen wir den ziemlich abgekämpften KIA ab, packen unsere Ausrüstung und wandern zum Gipfel. Nach rund zwanzig Minuten sind wir oben. Es ist kurz nach elf, und die Sonne steht noch relativ hoch über den Bergen der Nachbarinseln Kunoy und Kalsoy. Ein schweizerischer und ein italienischer Fotograf sind schon da und richten ihr Equipment ein. Der Wind weht recht kräftig, da sind Regenklamotten vonnöten, um ihn wenigstens etwas abzuhalten.
Die steife Brise aus Norden bläst immer wieder Wolken hoch zum Gipfelplateau, und ständig wird die Sicht Richtung Sonne blockiert. Andererseits gibt das ganz interessante Bilder. Immer mal wieder steigt einer von uns hinab zu einem der unter uns hervorstehenden Felsvorsprünge, um als „Dimensionsgeber“ der Landschaft im späteren Foto zu voller Geltung zu verhelfen. Kurze Zeit später erreichen auch zwei Gruppen Einheimischer unseren Standort und machen es sich gemütlich. Ein kurzer Plausch mit uns Touristen, ein Selfie zur Stunde Null, dann gehen die Färengi wieder heim. Nur zwei Omas beweisen ordentlich Sitzfleisch und picknicken unterhalb des Gipfels weiter. Eine der beiden Damen verköstigt die Fotografenmeute später noch mit heißem Tee und Crackern. Die kennen ihre „Kundschaft“ offensichtlich sehr genau.
Halb eins treten wir den Rückmarsch ins Basislager an, wo unser Wagen geparkt steht. Jetzt noch anderthalb Stunden Fahrt, dann sind wir wieder daheim. Fotos an die Follower, Status-Update bei WhatsApp, und Ruckzuck ist es wieder 3 Uhr. Das Influencerleben ist wahrlich kein Zuckerschlecken.
auf dem Klakkur zur Mitternachtssonne

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