Wintertour 2018

Ankunft bei Schneesturm

“Hauptsache Business Class!” könnte das Motto der dies­jäh­ri­gen Tour lau­ten. Nicht nur, weil unsere Vielflieger-Kollegen Birgit und Steffen mit von der Partie sind, für die ohne Schampus an Bord nix geht. Diesmal hat das Ganze auch prak­ti­sche Gründe. Mit dem pro Strecke nur etwa drei­ßig Euro teu­re­ren Ticket kön­nen wir jeweils zwei Gepäckstücke und noch die Skiausrüstung extra mit­neh­men. Was für einen Winterurlaub recht prak­tisch ist.

Samstag, 17. März

Dazu müs­sen wir jedoch erst­mal an dem Drachen vor­bei, den die Lufthansa heute am Checkin-Schalter plat­ziert hat. Selbst Steffens geballte Charme-Offensive läuft bei der Dame glatt ins Leere. Vermutlich sehen wir in ihren Augen der Business Class unwür­dig aus.
Irgendwann ist dann unser gesam­ter Stapel Gepäck auf dem Transportband gelan­det, und wir bege­ben uns auf die Suche nach der Lounge, denn eine Kleinigkeit essen und trin­ken wür­den wir vor dem Abflug gerne noch. Ist ja schließ­lich bezahlt. Blöd nur, daß die Deluxe-Mitropa in einem kom­plett ande­ren Teil des Terminals liegt. ALTEine Viertelstunde sei das zu lau­fen, teilt uns die Dame an der Info mit. Knappe Stunde bis zum Boarding haben wir noch, das sollte also rei­chen. Fünfzehn Minuten spä­ter ste­hen wir um einen Tisch herum und sto­ßen auf ein gutes Gelingen der Reise an. Irgendwann däm­mert jeman­dem, daß wir auf dem Weg zum Gate noch­mal durch die Sicherheitskontrolle müs­sen. Jetzt ent­steht doch etwas Zeitdruck, zumal ich mich auf dem Weg dort­hin erst ein­mal ordent­lich auf die Fresse lege, weil ich wie­der mal zu faul war, mir die Schuhe ordent­lich zu bin­den. Schließlich muß ich sie bei der Kontrolle ja eh gleich wie­der aus­zie­hen. Insofern ist es bereits zum zwei­ten Mal ganz prak­tisch, daß wir nicht Economy flie­gen, denn wir dür­fen uns an der kur­zen Schlange anstel­len. Dadurch schaf­fen wir den letz­ten Bus zum Flieger gerade noch recht­zei­tig, bevor wir mit der Ansage: “letz­ter und drin­gen­der Aufruf…” öffent­lich gede­mü­tigt werden.
Die Crew unse­rer Maschine ist sehr zuvor­kom­mend, das Essen schmeckt eben­falls. Einziger Störfaktor wäh­rend des gut drei­ein­halb­stün­di­gen Fluges ist der Reiseleiter einer chi­ne­si­schen Gruppe, der sich mehr­fach und in sehr unan­ge­neh­mer Art bei der Cabin Crew dar­über beschwert, daß die gesamte Economy Class nur eine Toilette zur Verfügung hat, aber wir paar Hanseln in den vor­de­ren sechs Reihen eben­falls eine.ALT Die Stewards bügeln das ner­vige Geschnatter sou­ve­rän ab.
In Tromsø herrscht wenig prickeln­des Winterwetter. Ein Schneesturm sorgt für ordent­li­che Turbulenzen im Anflug und schlechte Sicht bis kurz vor dem Aufsetzen.
Unser erster Mietwagen hat der­ar­tig große Schrammen, daß wir den ohne Diskussion umge­tauscht bekom­men, nur lei­der ist ein Ersatzfahrzeug erst ab Montag ver­füg­bar. Unsere Gruppe teilt sich auf. Steffen und ich fah­ren mit dem über­wie­gen­den Teil des Gepäcks die alte Schrottkarre zu unse­rer Ferienwohnung, die ande­ren neh­men ein Taxi. An der Rezeption des Vermieters die näch­ste schlechte Nachricht. Unsere Wohnung hat sich gestern einen Wasserschaden zuge­zo­gen, und solange der nicht repa­riert sei, könne man die Bude nicht freigeben.
Unsere Ersatzunterkunft ist zwar etwas klei­ner, aber auch sehr kom­for­ta­bel ein­ge­rich­tet. Kleine Vorwarnung vom Concierge: über die eine Etage höher woh­nende Gruppe von jun­gen Leuten habe es in den ver­gan­ge­nen zwei Nächten Lärmbeschwerden sei­tens der ein­hei­mi­schen Nachbarn gege­ben. Wenn uns die Lautstärke stö­ren sollte, ein­fach Rezeption anru­fen, die wür­den die Party gege­be­nen­falls schnell been­den. Na dann…
So, rum­ge­ses­sen haben wir heute lange genug. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit für einen kur­zen Stadtspaziergang.ALT Die mei­sten Geschäfte haben noch auf. Wir lau­fen zum Hafen, wo an der Infotheke der Touristeninformation ein Transgender-Etwas mit dem Namen Anja bedient. Ich kaufe eine Wanderkarte der Umgebung, und dann geht’s schon wei­ter. Nach zehn Minuten ste­hen wir vor der ver­mut­lich klein­sten Pølser-Bude in ganz Norwegen. Da zie­hen wir uns doch gleich mal hei­ßen Kaffee und ein paar Hot Dogs. Es beginnt näm­lich gerade wie­der zu schneien und ist ins­ge­samt eher ungemütlich.
Nach unge­fähr andert­halb Stunden sind wir wie­der zurück im Quartier. Holger, Kathrin und ich fah­ren noch­mal mit dem Auto zum Einkaufen ins Nerstranda-Center. Im dor­ti­gen “REMA 1000” bekommt man eigent­lich alles. Uns bleibt sogar etwas Zeit, um Produktlabel mit ori­gi­nel­len Bezeichnungen zu foto­gra­fie­ren, dar­un­ter einen Fruchtaufstrich namens “Fiken”, diverse “Rullekaker” genannte Biskuitrollen und natür­lich die klas­si­sche nor­we­gi­sche Süßigkeit “Bamse Mums”.
Auch so ein Reisetag kann sich ganz schön zie­hen, selbst wenn man nicht viel unter­nimmt. Richtig große Lust zum Kochen hat heute eigent­lich nie­mand mehr. Deswegen gibt es viel­leicht etwas unin­spi­rierte Nudeln mit Tomatensauce, dazu eine Flasche Rotwein.
Unserer Ferienwohnung gegen­über steht ein Haus, des­sen Bewohner offen­sicht­lich noch nichts von Gardinen oder gar Vorhängen gehört haben. Von unse­rem Eßtisch haben wir eine Aussicht, als säßen wir im Sendezentrum der TV-Show “Big Brother”. Nur ist unse­ren Nachbarn von der ande­ren Straßenseite offen­bar nicht bewußt, daß sie per­ma­nent beob­ach­tet wer­den. Aber nach einer Weile wird dem geneig­ten Zuschauer auch hier nix Gescheites mehr gebo­ten, und so ver­zie­hen sich alle rela­tiv früh ins Bett.

Blick aus unse­rem Fenster

Sonntag, 18. März

Ein Uhr nachts. Über uns tobt die Party. Nach einer kur­zen Runde Schlaf bin ich nun wie­der wach. Das Motto der Fête im 3. Stock lau­tet offen­sicht­lich “Wir brau­chen Bass. Bass!”. Ich ziehe auf die Couch im Wohnzimmer um und lese ein wenig. Draußen herrscht wie­der dich­tes Schneetreiben. Gegen zwei Uhr höre ich plötz­lich Schritte im Treppenhaus. Dann Türklingeln und eine ener­gi­sche Ansage auf nor­we­gisch. Die Musik bricht ab, es folgt eine kurze Diskussion, anschlie­ßend hek­ti­sches Getrappel in der Wohnung über uns. ALTEine halbe Stunde spä­ter wie­der Schritte meh­re­rer Personen auf der Treppe, dies­mal von oben nach unten. Kurz dar­auf ist abso­lute Ruhe. Da haben sich offen­sicht­lich ein paar Anwohner über den Lärm beschwert, und unsere Vermieter haben die Gruppe jun­ger Leute mit­ten in der Nacht vor die Tür gesetzt. Stark!
Nach wenig­stens einer hal­ben Nacht mit unge­stör­tem Schlaf kommt gegen acht Uhr Leben in die Bude. Die Sonne ist gerade auf­ge­gan­gen. Kathrin, Birgit und Amanda beschlie­ßen, das schöne Wetter aus­zu­nut­zen und einen klei­nen Erkundungsspaziergang durch die Innenstadt zu unter­neh­men. Frische Brötchen wol­len sie besor­gen, falls sie einen Bäcker fin­den. Anderthalb Stunden spä­ter sind die Ladies wie­der zurück und brin­gen neben dem ange­kün­dig­ten Backwerk auch inten­siv duf­tende Kaffeebohnen einer loka­len Rösterei namens „Kaffebønna“ mit. Kathrin, die ich beim Thema kof­fe­in­hal­tige Heißgetränke für durch­aus anspruchs­voll halte, ist ganz begei­stert von dem Laden. Gemeinsam mit Birgit kün­digt sie an, die­sen nutz­brin­gen­den Morgenspaziergang ab jetzt täg­lich zu unternehmen.
Nach dem Frühstück sollte eigent­lich der Umzug in unser ursprüng­lich gebuch­tes Quartier anste­hen. Aber wir müs­sen uns eine ganze Weile gedul­den, da die Techniker noch immer in der Ferienwohnung zu Gange sind.ALT Um die Mittagszeit erfolgt nach zwei­fa­cher Mahnung unse­rer­seits end­lich der Anruf des Vermieters, daß die Arbeiten abge­schlos­sen sind und wir unsere Sachen hin­über brin­gen können.
Gesagt, getan. Und selbst auf dem nur 150 Meter kur­zen Fußweg zum neuen Domizil ent­ste­hen diverse Fotos. Amandas schwe­rer Rollkoffer bleibt immer wie­der im Schnee stecken, und wie sie so hil­fe­su­chend und ver­zwei­felt auf der Straße steht, erin­nert sie die Cineasten unse­rer Gruppe ein wenig an Bridget Jones. Ihren Spitznamen hat sie nun weg. Und die gesamte Szene muß natür­lich zu Vergleichszwecken erst ein­mal visu­ell doku­men­tiert werden!
Beim Umzug packt jeder mit an. Jeder? Fast, so scheint es. Unser lie­ber Kollege Holger steht zumin­dest auf den ‘behind-the-scenes’-Bildern immer merk­wür­dig unbe­tei­ligt und abwe­send herum. Die Mädels gackern dar­über schon bei der ersten schnel­len Betrachtung der Fotos auf der Straße. Jeder, der im wei­te­ren Verlauf des Urlaubs solch pas­si­ves Verhalten zeigt, wird spä­ter – Herrn Schneider zu Ehren – scherz­haft mit dem Titel „Holger des Tages“ gebrandmarkt.
Nachdem unser gesam­tes Gepäck an sei­nem Bestimmungsort ange­kom­men ist, wol­len wir end­lich etwas Wintersport trei­ben, denn unter ande­rem dafür sind wir schließ­lich hier. Wir zie­hen uns um, packen die Skiausrüstung in den Kofferraum und fah­ren mit dem Auto zum Biathlon-Stadion, wo einige Langlauf-Rundkurse beginnen.
Wegen des dich­ten Schneetreibens sind heute nur wenige Leute unter­wegs. Wir fol­gen der Hauptloipe Richtung Süden und rasten nach einer drei­vier­tel Stunde in einer höl­zer­nen Schutzhütte, wo Birgit zur Aufwärmung Tee, Schnaps und süße Snacks reicht. Ab hier teilt sich die Gruppe. ALTHolger und ich keh­ren zum Auto zurück und fah­ren damit heim, weil unsere Skier nicht gewachst sind und der feuchte Schnee wie Hubatz an den Laufflächen fest­pappt. Kathrin, Birgit und Steffen set­zen ihren Weg fort, umrun­den den See Prestvannet, ver­las­sen in Elverhøy die Loipe und durch­que­ren auf dem Heimweg die Wohnviertel im Südosten der Stadt.
Bridget hat wäh­rend unse­rer klei­nen Tour einen wei­te­ren Rundgang durch Tromsø absol­viert und war­tet zu Hause auf uns. Nachdem alle Ankommenden eine warme Dusche genom­men haben, machen wir uns stadt­fein und gehen wie­der Richtung Downtown, um ein Restaurant zum Abendessen zu suchen. Lange dau­ert das nicht, denn das ‘Paris des Nordens’ hat in die­ser Hinsicht eini­ges zu bie­ten. So ste­hen wir dann eine halbe Stunde spä­ter vor dem „Barents Sea“, einem auf Fisch und Meeresfrüchte spe­zia­li­sier­ten Laden, der sogar noch einen Tisch frei hat. Das Personal ist locker, das Essen lecker – bis auf das Gericht von Holger. Der ist mit sei­nem Elch-Döner wegen der vie­len darin ent­hal­te­nen Preiselbeeren nicht so ganz glück­lich gewor­den. Nach dem Bezahlen der Rechnung trin­ken wir am Ausgang alle noch „one for the road“ – einen Aquavit mit leich­ten Gin-Noten, der in den Lyngen Alpen destil­liert wird. Nicht übel.
Gut gestärkt wol­len wir natür­lich noch nicht gleich heim und spa­zie­ren eine Runde durchs nächt­li­che Tromsø. Ich laufe unter­wegs noch ein­mal kurz zu Hause vor­bei, um meine Kamera und das Stativ zu holen. Am Hafen, direkt neben dem Museum „Polaria“, ent­ste­hen dann trotz des usse­li­gen Schneetreibens recht brauch­bare Gruppenfotos. Nach einer hal­ben Stunde Posieren sind wir dann aber doch gut durch­ge­fro­ren und gehen heim. Bei einer Flasche Wein im Wohnzimmer endet der erste voll­stän­dige Reisetag.

Gruppenfoto am Hafen

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