Wintertour 2012

Lost in Sweden

14 Mrz 2012 Wintertour 2012

Donnerstag, 16. Februar

 

Heute fahren wir hinüber auf die Lofoten, um noch ein paar Tage mit Winteraktivitäten bei Anne Gerd zu verbringen. Während auf dem Festland das Wetter noch einigermaßen heiter ist, ziehen auf dem Weg zu den Inseln immer mehr Wolken auf, die ordentlich Schnee ablassen. Auf den Straßen ist der Winterdienst pausenlos im Einsatz. Ich staune immer wieder über die LKW-Fahrer, die trotz verschneiter Pisten wie die gesengten Säue fahren – gerade so, als ob die Gesetze der Physik, insbesondere die der Reibung und der Fliehkraft, für sie gar nicht oder nur zum Teil gelten würden.

Unsere Herbergsmama hat gerade Besuch von Ihrer Freundin Mona bekommen, die auf der anderen Seite des Sees wohnt. Die Stimmung ist getrübt: Anne Gerd trägt sich schon lange mit dem Gedanken, ihr Bed & Breakfast zu schließen – auf Drängen einiger Nachbarn, die bereits mit Klage gedroht haben, falls sie den Betrieb weiterführen sollte. Wie soll sie sich entscheiden? Einen Prozeß riskieren (denn die rechtlichen Bedingungen lassen das Geschäftsmodell B&B in ihrem Haus durchaus zu), oder des lieben Frieden willens aufhören – obwohl das Klima in der Nachbarschaft sicher schon ansatzweise vergiftet ist? Im Haus vorn am Parkplatz notiert die Beschwerdeführerin vom Fenster aus bereits unser Autokennzeichen sowie die An- und Abfahrtszeiten der eintreffenden Gäste. Wie die Stasi. Gruselig.

Für zwei Tage ist ein belgisches Ehepaar zu Gast bei Anne Gerd. Eigentlich wollten die beiden mit der Hurtigruten weiter nach Kirkenes, haben sich aber zum spontanen Zwischenstop auf den Lofoten entschlossen. Gemeinsam wandern wir zum Berg “Linken”, um die schöne Aussicht auf Svolvær zu genießen. Jeder hat eine Kleinigkeit zum Essen mitgebracht, so daß wir ein spontanes Picknick im kniehohen Schnee einlegen können. Von unserem Rastplatz aus sehen wir, daß im Westen das Wetter noch ein wenig besser ist als hier, also schlage ich vor, zurück zum B&B zu laufen und von dort aus mit dem Auto noch mal nach Kabelvåg zu fahren.
Dirk geht derweil allein in Downtown Svolvær nach Mitbringseln schauen.

Weiter westlich, in Henningsvær, scheint die Abendsonne. Dort müssen wir hin! Wir stellen das Auto an der Feuerwache ab und laufen zum ehemaligen Leuchtturm. Heute ist der aber in Privatbesitz, so daß man an dieser Stelle nicht bis ganz an die Klippen heran kommt. Zumindest nicht im Winter. Zu glatte Felsen. Trotzdem gelingen uns sein paar Bilder im schönen Licht. Da die Belgier dieses Mal nur einen Tag Zeit haben, ergreife ich die Gelegenheit, ihnen noch ein paar schöne Ecken der Lofoten zu zeigen. Mittlerweile geht die Sonne unter, und wir fahren weiter zur Kirche nach Gimsøya, die wir zur blauen Stunde erreichen. Dank des Schneefalls der vergangenen Tage liegt der Friedhof wie unberührt da. Ich bin begeistert. Mittlerweile ist es kurz vor 5, die Sonne ist weg, und wir genehmigen uns noch einen Kaffee im Clubhaus des Golfplatzes in Hov. In einem Nebenraum ist ein Modell der Insel aufgebaut, wie sich die ambitionierten Tourismus-Investoren die derzeit noch erfreulich abgelegene Gegend in Zukunft vorstellen. Au weia! Unterhalb des Hovden soll ein Hotel entstehen, das sich in diese Landschaft etwa so harmonisch einfügt wie der KdF-Bau Prora auf Rügen. Damit nicht genug: Mitten im heutigen Naturschutzgebiet soll ein ganz neuer Flughafen für die Lofoten entstehen.
Boeing-737-taugliche Landebahn, ganzjährig und bei jedem Wetter anfliegbar, so lauten die Vorgaben. Angeblich führt die norwegische Flugsicherung bereits Langzeit-Windmessungen durch. Da bin ich aber mal sehr gespannt auf die Ergebnisse…
Zum Abendessen haben sich Anne Gerds Freundin Mona vom See und ihre bezaubernde Tochter Ranveig angesagt, seit sie gehört haben, daß heute Tom Kha Gai (Hühnersuppe mit Kokosmilch und Zitronengras) gekocht wird. Zutaten gibt’s frisch in Svolvær. Als Nachtisch servieren wir Moltebeeren mit Eis, und danach meinen mitgebrachten Williams-Christ-Birnenbrand aus Dresden. Der kommt bei allen Gästen sehr gut an, und nach einigen Runden haben wir richtig tolle Stimmung am Tisch.