Wintertour 2012

Lost in Sweden

14 Mrz 2012 Wintertour 2012

Wie jedes Jahr in der Karnevalszeit, wenn meine Familie in Köln kollektiv dem Wahnsinn anheimfällt, nutze ich die Gelegenheit, möglichst weit weg von all dem Trubel meine Akkus wieder aufzuladen. Was könnte es also Schöneres geben, als im hohen Norden Europas ein paar Tage auf Wander- und Fototour zu gehen? In diesem Jahr ist mein Kollege Dirk wieder mit dabei. Wir fahren für drei Tage nach Abisko im schwedischen Teil Lapplands, um die Gegend etwas näher kennenzulernen und vielleicht ein wenig Wintersport zu treiben. Anschließend verbringen wir noch 4 weitere Tage auf den Lofoten in Anne Gerd’s Bed & Breakfast, worauf ich mich schon sehr freue.

Dienstag, 14. Februar

 

Nach der ersten Übernachtung in Narvik brechen wir frühmorgens auf, um über die Berge rüber ins schwedische Abisko zu fahren, wo wir in der Fjellstation für den Vormittag eine Skitour gebucht haben. Mit zwei Guides und vier englischen Hausfrauen geht’s auf Cross-Country-Skiern hinunter zum Ufer des zugefrorenen Torneträsk. Wir frischen nochmal einige “Antriebstechniken” auf und umrunden dann in einer gut zweistündigen Tour eine der im See liegenden Inseln. Tolle Eisformationen gibt’s unterwegs zu bestaunen, und dazu immer mal wieder dumpf knackende Geräusche wie von einer entfernten Unterwasser-Explosion. Ansonsten herrscht hier draußen totale Stille – sehr angenehm.
Dirk und ich beschließen, unsere Skier noch bis zum Abend zu behalten, weil wir nach einer kurzen Pause an der Touristenstation noch eine weitere Tour entlang des Abiskojåkka gehen wollen. Wir trinken einen heißen Kaffee und essen ein paar Kekse in der Lobby, bevor wir uns von den beiden Guides verabschieden, um auf der anderen Seite der Bahnstrecke Kiruna-Narvik eine Loipe am Fluß zu suchen. Hier gibt es einige Rundkurse für Langläufer in traumhafter Landschaft. Einer davon führt zu einem Wasserfall, der vermutlich derzeit gefroren ist. Sollte das ein Eiskletter-Spot sein? Wir wollen es herausfinden. Also dann: Auf geht’s. Langsam beginnt die Abenddämmerung und erinnert uns daran, daß wir besser umkehren sollten, wenn wir nicht im Dunkeln zurück zur Touristenstation irren wollen. Leider erreichen wir unser Ziel, den gefrorenen Wasserfall, nicht mehr, weil das Gelände doch relativ hügelig ist und wir nicht allzuschnell vorwärts kommen.
Auf dem Rückweg rennt uns fast noch eine lokal ansässige Elchkuh vor die Ski. Wie aus dem Nichts springt sie plötzlich aus dem Gebüsch und zeigt überhaupt keine Scheu vor uns. Nach Minuten gegenseitigen Belauerns beginnt das Tier, die Birken anzuknabbern, zieht bald darauf ab ins Unterholz, und wir können die Tour fortsetzen.

Leider haben wir vergessen, das Abendessen im Restaurant der Station zu reservieren, und so sind wir gezwungen, uns in Downtown Abisko etwas zu suchen, wenn wir nicht über eine Stunde darauf warten wollen, daß hier vielleicht ein Tisch frei wird. Wir finden einen mehr als angemessenen Ersatz in der Abisko Mountain Lodge, wo hochwertige regionale Produkte auf der Speisekarte stehen und eine gar liebliche Kellnerin uns das hervorragende Essen serviert. Besonders lecker aber ist das selbstgebackene Brot in allerlei Variationen, das uns immer wieder nachgereicht wird, wenn wir eine Schüssel leergegessen haben. Die Wirtin freut sich, daß es uns schmeckt und ist nicht sauer, obwohl wir’s permanent nachordern. Weil es uns hier gut gefällt und das Essen vorzüglich war, reservieren wir gleich für morgen noch einmal.

Jetzt aber genug gefuttert! Zurück zur Station, warme Sachen angezogen (die Außentemperatur beträgt -22°C), und dann mit geschultertem Foto-Equipment noch mal runter zum See gelaufen. Denn wir sind ja auch hier, um ein paar Fotos vom Polarlicht zu machen, das mittlerweile am Himmel über Abisko gut sichtbar herum wabert. Als wir an der Station losgehen, fallen mir die vielen Touristen auf, die im Hof des streulichtverseuchten Gebäudekomplexes versuchen, die Auroren zu fotografieren. Hier wird das wohl kaum von Erfolg gekrönt sein.
Aber ich sehe schon die vielen Nikon-Kameras und winke innerlich ab: Wer so einen Schrott kauft, dem ist nicht mehr zu helfen. Unten am See hingegen findet man ideale Bedingungen, um das Nordlicht in seiner ganzen Pracht zu aufzunehmen. Kein Streulicht von irgendwelchen Gebäuden, 360° Rundumsicht (wenn man ein paar Meter aufs Eis hinaus läuft), und Reflexionen durch den Schnee, der die Landschaft bedeckt. Und immer ist in irgendeiner Himmelsrichtung etwas los. Manchmal kann ich gar nicht so schnell die Kamera drehen, wie sich neue Auroren bilden.

Zurück in der Station sortiere ich die Fotos, während sich Dirk runter in die Lobby auf die Suche nach dem WLAN macht. Nach einiger Zeit kommt er wieder hoch: ich solle mal ins Kaminzimmer kommen, da wären ein paar junge Mädels, die auch noch das Polarlicht fotografieren wollten, aber nicht so recht mit ihrer Canon- Ausrüstung klar kämen.
Iryna und Yumiao, die in der Schweiz irgend etwas mit Hotel studieren, haben gute Kameras, aber kein Stativ dabei, und so biete ich Ihnen an, zusammen noch mal zum See zu gehen und mit meiner Ausrüstung ein paar brauchbare Bilder für ihr Reisealbum zu schießen. Die Damen sind für -20°C Außentemperatur zwar recht luftig angezogen, halten aber tapfer durch und werden mit einigen recht ordentlichen Aurorafotos belohnt. Jetzt aber schnell wieder zurück zur warmen Station, dann werden in der Lounge noch schnell die Bilder kopiert, und danach kann auch ich endlich ins Bett gehen. Dirk schläft schon; der Tag war ja auch lang.