
15 Mai 2013 3H-Tour 2013, Teil 1
Freitag, 24. Mai
Bevor ich zum Bericht des heutigen Tages komme, möchte ich Euch die folgenden Zeilen nicht vorenthalten. Diese – zumindest bis zu der Stelle, wo ich immer den Faden verliere – geistern mir jedes Mal im Kopf herum, wenn ich mir den Namen unseres heutigen Fotomotivs selbst vorsage. Also, hier kommt’s (und denkt an die korrekte Aussprache des englischen „th“):
„Auf dem Landsitz North Cothelstone Hall von Lord und Lady Hesketh-Fortescue befinden sich außer dem jüngsten Sohn Meredith auch die Cousinen Priscilla und Gwyneth Molesworth aus den benachbarten Ortschaften Middle Fritham und Nether Addlethorpe, ferner ein Onkel von Lady Hesketh-Fortescue, der 79jährige Jasper Fetherstone, dessen Besitz Thrumpton Castle zur Zeit an Lord Molesworth-Houghton, einem Vetter von Priscilla und Gwyneth Molesworth, vermietet ist.
Gwyneth Molesworth hatte für Lord Hesketh-Fortescue in Nether Addlethorpe einen Schlipth. Verzeihung. Schlips besorgt, ihn aber bei Lord Molesworth-Houghton in Thrumpton Castle liegenlassen. Lady Hesketh-Fortescue verdächtigt ihren Gatten, das letzte Wochenende mit Priscilla Molesworth in Middle Fritham verbracht zu haben.
Gleichzeitig findet Meredith Hesketh-Fortescue auf einer Kutschfahrt mit Jasper Fetherstone von Friddle. äh. Fiddle Mith…Middle Fritham nach North Cothelstone Hall in Thrumpton Castle den Schlipth aus Nathel…Naddle…Entschuldigung…Nether Addlethorpe. Nach einer dramatischen Auseinandersetzung zwischen Lady Hesketh-Fortescue und Priscilla Molesworth in North Cothelstone Hall eilt Gwyneth Molesworth nach dem zwei Meilen entfernten South Thoresby, um ihre Tanten Amelie Hollingworth und Lucinda Satterswaite aufthuthu. aufzusuchen. Diese sind jedoch nach North Thurston zu ihrem Schwager Thomas Thatcham gefahren, der als Gärtner in Thrumpton Castle bei Lord Molesworth-Houghton arbeitet. Gwyneth Molesworth fährt nach North Cothelstone Hall zurück, aber nicht über Maddle. Middle Addlethorpe, thondern über North Thurston, Thrumpton Castle, Middle Fritham und Nether Addlethorpe. Dort triffth thie Priscilla Molesworth, die mit Lord Molesworth-Houghton noch nachth von Naddle…Thaddle Nother. Thoddle Nather. Noddle…………“
Leser in meinem (und erst recht in Hermanns und Michaels) Alter werden womöglich bemerkt haben, daß es sich bei diesem Text um den Loriot-Klassiker „Die englische Fernseh-Ansagerin“ handelt. Morgen werde ich so alt wie die anderen beiden, was zu einer der seltenen Gelegenheiten führt, da ich Kommentare auf der Seite freischalte für die, die gerne gratulieren oder kondolieren wollen, weil ich dann auch ein alter Sack bin. Aber genug davon, denn noch ist es nicht soweit.
Nachdem gestern irgendwie ein wenig die Luft raus war – ich habe nur 4 Fotos über den ganzen Tag verteilt geschossen – haben wir uns heute wieder etwas gefangen und gehen eine der größten Sehenswürdigkeiten der Stadt besichtigen: das Edinburgh Castle. Da wird denn auch bei den Eintrittspreisen ordentlich hingelangt: 16 Pfund pro Person. Respekt! Dafür bekommen wir bereits vor den Toren des Schlosses ein Schauspiel geboten: den Wechsel der Wachen. Ihr wißt schon: die, die immer unbeweglich vor ihrer Hundehütte stehen bleiben müssen und keine Miene verziehen dürfen, auch wenn die Passanten nebendran voll die Faxen machen. Ich quatsche einen etwas abseits stehenden Soldaten mit deutlich mehr Lametta an der Uniform an, ob er denn der Supervisor der Guards sei, was auch bejaht wird. Und ich erfahre im Verlauf des Gesprächs unter anderem, daß diese Wachen nur an zwei Wochen im Jahr, den sogenannten Royal Weeks, hier aufziehen. Eigentlich sollte heute auch die Königin hier weilen, aber die hat sich krank gemeldet und ist somit entschuldigt.
Da wir auf den angebotenen Audio-Guide verzichtet haben, sind wir durch die einzelnen Ausstellungsteile relativ fix durch. Einzig und allein bei den Kronjuwelen müssen wir etwas länger anstehen. Eher unspektakulär. Ich hätte da mehr Geglitzer und buntes Gefunkel erwartet, aber so sagt sich jeder potentielle Dieb: „Ach laß ma, dat sieht nich aus.“ und läßt die Klunker liegen. Was den letztlich besten Schutz vor Raub darstellt.
Nach der Burgbesichtigung laufen wir wieder zurück zu unserem Hauptquartier am Northumberland Place, wo kurz ein Snack eingeworfen wird, um die Zeit bis zum Abendessen zu überbrücken. Ich bringe schnell den in Aberfeldy gekauften Whisky zur Post, um ihn nach Deutschland zu schicken. Micha und ich fahren anschließend noch vor die Tore der Stadt, zur riesigen Eisenbahnbrücke über den Firth of Forth. Ein beeindruckendes Bauwerk, über 130 Jahre alt. Die goldene Abendsonne und die milde Luft zaubern fast mediterranes Flair an die gut besuchte Uferpromenade unterhalb der Brücke. Ein atemberaubender Anblick.
Aber wir wollen Hermann nicht ewig warten lassen und begeben uns bereits anderthalb Stunden später wieder auf den Heimweg. Bevor ich morgen über den Tagesablauf und das Essen bestimmen kann, weil ja mein Geburtstag ist, gehen wir heute abend wieder auf der Hanover Street essen, diesmal in einem französischen Laden namens „Chez Julez“, von dem in unserem Apartment gleich ein ganzer Stapel Visitenkarten herumliegt. Muß ja was ganz dolles sein. Also nehmen wir den Franzosen mal näher in Augenschein. Voll ist es und laut, aber für 3 `übsche ‚erren im besten Altärr ‚at man noch ein Plätzschen frei. Hier in Schottland esse ich zum ersten Mal in meinem Leben Froschschenkel. Mondieu! Ein international bunt gemischtes und wirklich sehr nett anzuschauendes Kellnerinnen-Ensemble schmeißt den Laden, so daß auch für Entertainment gesorgt ist. Säährr ordentliesch.